August 2010 – Der Neue, der Schützengraben und die Heimat

Wahnsinn, was für eine Freude!!! Dieses Monat geht’s ab in die Heimat zur Hochzeit meiner werten Schwester!!! Nach einem Jahr nicht mehr die Familie sehen, auch wenn’s für manche nicht so lang erscheint, für mich im Moment schien es gerade ewig!!! Die zwei Wochen vor meiner Abreise, waren jedoch gefüllt mit den unterschiedlichen Events welche einem vom Heimat-Träumeland immer wieder in die Realität und das derzeitige Hier-Und-Jetzt zurückholten.

Das erste große Ereignis, war sicherlich die Ankunft und das von nun an mindestens zwei-monatige Training, unseres Neu-FOR-Sprösslings, ein junger Amerikaner und großer Spaßkünstler mit dem Namen Sean-Martín, was die letzten Tage hier sicherlich verkürzten. Leider schlug meine Gesundheit (wie es scheint vor jedem Urlaub) wieder einmal eine kleine Kurve und die große ich-hab-keine-Ahnung-woher Allergie begann. Angefangen hat alles mit Sean, der gleich in seinen ersten Tagen so eine Art Hitzeausschlag bekam, dann Isaac der komische rote, stechende Punkte auf seinem Hals entdecken durfte, welche dann blitzschnell auch zu mir überwanderten. Eine Woche danach habe ich sie noch immer, nun jedoch nicht nur am Hals, sondern am ganzen Körper. Mal sehen was mir die Ärzte so berichten werden, wie ich diese Allergie wieder in den Sand stecken kann ...

Aber auch die coyuntura vor Ort hielt uns ständig auf Trab. Zuerst entschieden ein paar Soldaten auf einer Anhöhe in La Union mit dem Namen Filo de la Cruz, welche Teil des Gebietes der Friedensgemeinde ist, einen Schützengraben zu bauen. Wir hier konnten ihn mit freien Augen von unserem Haus aus betrachten, also echt nur an die 7 Min. Fußmarsch vom Ortskern entfernt. Dies wurde natürlich von den Friedensgemeindemitgliedern und Ortsbewohnern nicht mit Jubelschreien zur Kenntnis genommen ... und schon wurde an einem Plan zur Schützengrabenentfernung gefeilt. Schlussendlich kamen ein paar Kollegen von dem 2-stündig entfernten La Holandita heraufspaziert, und mit Verstärkung von Anderen aus La Union gingen schlussendlich um die 30 Personen dem Schützengraben entgegen. Wir wurden gebeten den Trupp zu begleiten, und so für den Fall von militarer Anwesenheit etwas mehr Respekt in den Umgangston zu bringen, und natürlich auch, um den Fall zu beobachten. Einmal auf der Anhöhe angekommen, waren die von unten noch gesehenen Soldaten plötzlich spurlos verschwunden. Nun konnte die fleißige Truppe den Schützengraben abbauen, ein Friedensgemeindeschild aufstellen, und zur besseren Erkennung das Gebüsch im Umfeld klein hacken. Nach etwas mehr als eine Stunde Arbeit, waren die Soldaten noch immer nicht zurückgekehrt und wir machten uns wieder auf den Heimweg. Zu späterer Stunde kam eine Person aus der „Kommunikationsabteilung“ der Friedensgemeinde vorbei und bat uns ihn erneut auf den Filo de la Cruz zu begleiten, um ein paar Fotos von dem neuaufgestellten Schild zu machen. Dieses Mal hatten wir mehr Glück, und es war tatsächlich ein kleines Grüppchen von drei Soldaten um das Schild herum positioniert. Die Gemeindemitglieder erklärten ihnen gleich einmal warum sie den Schützengraben abgebaut hatten, und dass sich auf neutralem Friedensgemeindegebiet keine bewaffneten Soldaten befinden sollten. Es war ein größeres Tamtam, aber schlussendlich hatten wir all unsere Punkte platziert und die Fotos gemacht, und ab wieder in unser Hüttchen.

Nicht nur in La Union war das Lüftchen etwas wärmer als normal, auch im Städtchen San José, in welchem die Friedensgemeinde lebte bevor der Polizeiposten hineingesetzt wurde, war in den letzten Tagen aufgewärmter als normal. Vier Zivilpersonen wurden auf Guerillaverdacht festgenommen und aufgrund mangelnder Beweise und Anklagen am nächsten Tag wieder freigelassen, paramilitare Gruppen verteilen Listen mit Personen welche sie auf Grund von limpieza social (sozialer Reinigung) bald über die Wolken schicken würden, und das Militär verkündete in einer Besprechung mit den Dorfbewohnern, dass sie ab 22 Uhr wohl keine Garantie mehr über die Zivilbevölkerung geben können. Somit ist die arme San José Bevölkerung eingeschüchterter als normal und verlässt ihre Häuschen nicht mehr nach 22 Uhr. Trotzdem wurde vor ein paar Tagen der Pharmazeut von San José, wieder einmal im Jeep, ermordet. Der ältere Herr war unter der Bevölkerung sehr beliebt, da er erstens ermöglichte Medizin ohne die hohen Reisekosten nach Apartadó zu kaufen, als auch im Falle, dass jemand gar kein Geld hatte, auch mal hin und wieder ein paar Tabletten verschenkte. Leider war der gute jedoch auch Präsident der junta accion comunal als auch durch die Tatsache die einzige Apotheke weit und breit zu besitzen des öfteren Medizinverkäufer für guerilla Truppen. Dies bedeutete seinen Mord, und daran kann er wohl jetzt auch nichts mehr ändern. Am meisten betroffen von seinem Tod ist auf alle Fälle die Zivilbevölkerung, welche nun für ihre Krankheiten immer in die Stadt fahren müssen.

Auch ein ungewöhnlich lauter Knall lies uns für einige Zeit mit Fragezeichen. Dem Radio zu Folge wurde diese Explosion bis Panama gehört, und nach unterschiedlichen Annahmen über eine Explosion eines Düngerflugzeuges, bis zu der Explosion einer cohete (eine Gaspipette und beliebte, effektive Bombe der Guerilla) wurden wir schlussendlich mit einem Meteoriteneinschlag „zufrieden“ oder besser ruhig gestellt.


Während meines Österreich Aufenthaltes, habe ich auf alle Fälle einige Vorträge wäre toll wenn einige von euch vorbeikommen können:

Montag, 6. September 2010 in Innsbruck
Wann? 19:30 Uhr
Wo? Canisianum, Tschurtschenthalerstr. 7, 6020 Innsbruck

Dienstag, 7. September 2010 in Wien
Wann?
19 Uhr
Wo? Afro Asiatischen Insitut, Türkenstr. 3, 1090 Wien

Montag, 13. September 2010 in der Nähe von St. Pölten
Wann? 19 Uhr
Wo? Pfarrhof, 3204 Hofstätten-Grünau