Dezember 2009 - Weihnachten und Neujahr in der Friedensgemeinde

Ich merke, dass ich mich hier immer mehr heimisch fühle … unsere beiden Häuser (eines aus Holz und das andere aus „Material“ – Beton) werden immer reinlicher, ich habe nun auch ein Zimmerchen aus „gesundem“ Holz (dh: weder am Zerfallen noch voller unbekannter Insekten), ich kenne immer mehr Leute und ihre Namen (hptsl. aus La Union, aber auch aus La Holandita/San Josesito), auch weiß ich wo ich Frühstückseier und Snack-Chips oder Kekse kaufen kann und zu wem wir gehen wenn wir wieder einmal keinen Strom haben. Unseren lecken Gasherd konnten wir zwar immer noch nicht richten (da die Meisten hier mit Holz kochen, kann uns kaum jmd weiterhelfen) aber dafür bekamen wir immer ein Maultier oder ein Pferd (= bestias) geborgt, wenn wir die Gaspipette wieder einmal in dem 2 Stundenmarsch entfernten San José auffüllen mussten.

Die Dezemberkälte lässt sich hier überhaupt nicht blicken! Wir haben tagein tagaus strahlenden Sonnenschein mit seltenem aber dafür umso kühlenderen Regen. Verglichen mit meinem ersten Monat hier, November, ist Dezember um vieles trockener und heißer, was den tollen Vorteil von trockenen Wegen und niedrigen Flüssen mit sich bringt. Dies erleichtert unseren meist wöchentlichen Ab- und Aufstieg von La Union bis San Jose gewaltig, und wir sind davon überzeugt, dass wir – unter diesen Konditionen sicherlich um eine halbe Stunde schnellen wären – wenn es nur nicht so verdammt heiß wäre ;)

In je etwa einer halben Stunde entfernt, befinden sich in La Union zwei wundervolle Pozas (Flussbademöglichkeiten), welche natürlich in der heißen Zeit um einiges öfter besucht werden.

Meine ersten Dezemberwochen waren nichts desto trotz sehr arbeitsintensiv. Wir hatten unglaublich viele Besprechungen, sowohl mit dem Consejo Interno der Friedensgemeinde, als auch mit dem Bürgermeister von Apartadó, der Mesa Humanitaria (ca. 6 wöchiges Treffen einiger internationaler Organisationen, welche in Urabá im humanitären Bereich tätig sind, zB: Oxfam, IOM, UNO, PBI, etc.) und einigem mehr. Auch war ich noch fleißig am Durcharbeiten unseres Training Manuals (ein ewig langer Wälzer) und ein paar mehr zu erstellende Dokumente durchkreuzten unsere gemütlichen Tage in der Hängematte. Hängemattenzeit hatten wir so gut wie nie.

Mitte Dezember war ich für ca. eine Woche in Bogota, um mich zusammen mit Susana Pimiento, mit dem Österreichischen Botschafter Andreas Liebman zu treffen. Was für eine reizende Person, Susana war positivst überrascht, aber ich hatte mir von einem Österreicher nichts anderes erwartet. Dr. Liebmann zeigte sich sehr an unserem Projekt mit der Friedensgemeinde interessiert, und kann sich auch gut vorstellen einmal zu Besuch zu kommen, bzw. an etwaigen Treffen teilzunehmen. Finanzielle Unterstützung ist zumindest im Moment nicht möglich, da Österreich sich stark auf Entwicklungsprojekte konzentriert, und wenn, dann müsste auch IFOR Österreich um Unterstützung ansuchen. In dieser Woche hatte ich dann auch ein Treffen mit PBI und IFOR Holland (war durch Zufall gerade Besuch im Büro).

Auch wenn ich prinzipiell bevorzuge hier in La Union zu sein, so freue ich mich trotzdem bereits auf meine 3 Monate in Bogota (März, April, Mai 2010) da auch die Arbeit in Bogota eine große Bereicherung darstellt.

Zu Weihnachten begleiteten wir für eine Woche Wilson (Berta war krank) und viele Friedensgemeindemitglieder aus La Union, nach Mulatos - der Ort an welchem in 2005 das große Massaker stattfand, und somit zur Aldea de Paz und zum Gemeindezentrum ernannt wurde. La Union übernahm die Konstruktion des großen Kioscos für die Aldea de Paz, welcher für die Weihnachtsparty am 24. Dezember fertig gestellt sein sollte und auch war. Zu Weihnachten kamen dann noch viele Mitglieder aus San Josesito, La Rebalosa, La Esperanza, ebenso wie aus den neuen Gebieten aus Cordoba (Naín, Alto Joaquin, Las Claras). Schlussendlich verteilte Amanda (die großartige Köchin aus dem Geimeinschaftsrestaurant in San Josesito) an die 300 Mittagessen.

Es war eine tolle Erfahrung mit so vielen Leuten in Mulatos zu sein. Dies war auch meine erste tatsächliche „Petition“ (abgesehen von der Emergengy-Petition als Gildardo, in der Nähe von Mulatos auf eine Mine stieg) mit der Friedensgemeinde. Der Weg nach Mulatos ist lang und matschig. Gott sei Dank hatten wir ein Maultier, welches unser Gepäck trug – keine Ahnung ob ich sonst den 7 stündigen Schlamm-stapf-Marsch von La Union bis Mulatos bewältigen hätte können. Als wir sahen wo Gildardo der Minenunfall passierte hatten wir alle einen ziemlichen Schock. Die Mine war tatsächlich nicht einmal 2 m vom Weg entfernt bei einem Baumstamm an welchen einmal ein Soldat Pause machte platziert gewesen. Bei diesen Wegen darf mensch echt nicht einmal einen Meter vom Weg abweichen!

Zu dieser Zeit hatte ich auch Besuch von einer guten Freundin aus Bogota, welche ich noch aus Tumaco kenne. Natürlich war sie total glücklich, dass sie die Gelegenheit hatte das neue Gemeindezentrum der Friedensgemeinde kennen lernen zu können und sie wurde auch ganz toll von allen Seiten aufgenommen.

Der 24. Dezember war komplet mit Gemeinschaftsprogramm verplant, mit Piñatas sowohl für Kinder als auch für Jugendliche, sowie mit ernsthaften politischen Diskussionen. Der Abend war mit einem leckeren Abendessen mit Natilla und Buñulos als auch einer Tanzparty ausgestattet. Vor der weihnachtlichen ökumenischen Abendmesse mit Padre Javier hatte ich die Möglichkeit die motivierenden Briefe, welche uns Natalia von Jugendlichen aus Österreich brachte, öffentlich an Wilson zu übergeben und einige ausgewählte an alle im neuen Kiosco Versammelten vorzulesen. Die Leute waren total gerührt und kamen nachher zu mir, um die Briefe genauer anzusehen. Ich erwähnte, dass sich die Jugendlichen in Österreich sicherlich freuen würden wenn ihnen jemand antworten würde. Mal sehen ob mal ein Briefchen bei uns eintrudelt.

Als wir von unserer Woche Mulatos-Aufenthalt zurückkamen war ich erstmals für mehr als eine Woche ziemlich krank. Ich hatte immer wieder hohes Fieber, und dann fühlte ich mich wieder relativ gut. Zur Vorsicht ging ich nach Apartadó um mich auf Malaria testen zu lassen. Die Tropenklinik des Krankenhauses in Apartadó ist extrem professionell und sauber (ehrlich gesagt hatte ich sie mir schlimmer vorgestellt). Um ganz sicher zu gehen wurde ich gleich 2 x auf Malaria und 1 x auf Dengue getestet, Beides jedoch negativ. Schlussendlich hatte ich wahrscheinlich einfach einen einfachen Virus, und nach einer kräftigen Hydratation mit suero fühlte ich mich auch schon um vieles besser!!!

Trotz Fieber nahm ich an den Tauffeierlichkeiten statt welche Padre Javier am 28. Dezember in La Union durchführte, ebenso wie ein bisschen an der Abschlussfeier von Peter (ein Teamkollege von mir aus England, welcher jetzt für ein halbes Jahr in das FOR Büro in Bogota sein wird) und die auch Teile der Sylvesterfeier welche Arroz con Leche, Carne de Res und die Verbrennung des Alten Jahres in Form einer ausgestopften Puppe beinhaltete.

Es ist einfach eine wahnsinnig tolle Gelegenheit hier mit der Friedensgemeinde zusammenleben zu dürfen und ihren ganzen Prozess und ihre Probleme so lebendig mitzuerleben.

Alles, alles Liebe aus La Union,

Marion